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Mit ihrer Gesamtfläche von bis zu zwei Quadratmetern ist die Haut unser grösstes Organ und mit ihren vielen Lebensfunktionen ein wahres Wunderwerk. Da sie nicht nur als Schutz, sondern auch als Grenze zwischen dem Innenleben des Menschen und der Aussenwelt dient, kann sie seelische und körperliche Schwierigkeiten sichtbar machen. Aufgrund der embryonalen Keimblattentwicklung hat die Haut intensiven Kontakt mit den Sinnesorganen und mit den Nervensystemen, denn sie ist ebenso wie diese Organe/Gewebe aus dem Ektoderm (äusseres Keimblatt) entstanden. Daher reagiert sie mit speziellen Zeichen auf innere Störungen jeder Art. Die «Sprache der Haut» ist ebenso erlernbar wie jede andere Ausdrucksweise. Sie verdient unsere Aufmerksamkeit, weil sie u. a. ein Wegweiser sein kann, um seelische, psychosomatische und funktionell-organische Probleme zu erkennen.
Die Kosmetikerin beschäftigt sich hauptsächlich mit der Haut und ihren Anhangsgebilden. Deshalb ist es wichtig, Veränderungen von Hauttonus, Hautdichte, Hautfarbe, Sensibilität wie Druckempfindlichkeit u. a. richtig einschätzen zu können. Veränderungen, auch die von Haaren und Nägeln, spiegeln oft die inneren Probleme. Dass die Kosmetikerin Hauterkrankungen nicht diagnostizieren darf, ist selbstverständlich. Oftmals ist es unerlässlich, den Kunden zum Arzt zu schicken, damit Fehlbehandlungen vermieden werden.
Das Wechselspiel zwischen Haut und Psyche wird auch in vielen diesbezüglichen Redewendungen deutlich. Man spricht z. B. von der Haut «als Spiegel der Seele», wir möchten manchmal «vor Wut aus der Haut fahren», manches «geht uns unter die Haut». Nonverbal, aber sichtbar drückt die Haut Gefühle aus: Wir erröten vor Freude oder aus Scham, wir schwitzen bei Angst oder Erregung, bekommen eine Gänsehaut, wenn wir uns gruseln oder innerlich erregt und bewegt sind.
Die Sprache der Haut verstehen
Interessant sind in diesem Zusammenhang für Kosmetiker die Hautzeichen. Zunächst sind es nur ganz sanfte Hinweise, die sich in Verfärbungen, in spezieller Faltenbildung, in Verdickungen, Spannungen, starker Erschlaffung oder auch in Unreinheiten etc. zeigen. In erster Linie sind die Haut-Seelenzeichen als individuelle Nachricht für den jeweiligen Menschen selbst zu verstehen. Es geht um die alte Weisheit: «Mensch, erkenne dich selbst!». Aber viele Menschen schenken sich selbst nicht die nötige Aufmerksamkeit, weder ihrem Körper noch ihrer Seele. Das Ego, die Bewusstseinsebene, die uns Durchsetzungskraft und Überlebenswillen gibt – und daher sehr wichtig ist, kann zu stark ausgeprägt sein, sodass die leiseren Töne der Seele – unserer Innenwelt – nicht gehört werden. Das Ego ist besonders eng mit der Aussenwelt verbunden, also auch vermehrt mit Äusserlichkeiten beschäftigt. Es hält uns oft davon ab, nach innen zu hören und zu schauen.
Für die Kosmetikerin ist es hilfreich, die Sprache der Haut zu erlernen, weil sie so schon auf erste Hinweise reagieren kann, weil sie noch einfühlsamer mit den Kunden umgehen und die Behandlung noch individueller gestalten kann. Schwellungen, Gewebseinziehungen, die Art der Faltenbildung und auch die Verfärbungen der Haut verraten viel über die physisch-psychische Situation eines Menschen. Wenn dann Wissen über Face-Reading, z. B. über die Zuordnung der drei Gesichtsetagen und über die Korrelationen von bestimmten Hautregionen (Reflexzonen) zu den inneren Organen vorhanden ist, können die Zeichen der Haut wirklich ein Wegweiser sein für seelische und auch funktionell-organische Schwierigkeiten. Das ist dann eine Basis für eine primäre Prophylaxe.
Hautkrankheiten und Psyche
Um in einem Gesicht lesen zu können, bedarf es vieler Details. Hier ist eine einfache Einteilung der drei Gesichtsetagen:
Offensichtliche Hautzeichen und Veränderungen in diesen Gebieten lassen gewisse Rückschlüsse zu. Gesunde Haut offenbart uns innere Sicherheit und Stabilität. Hautkrankheiten entstehen oft in instabilen Lebenssituationen, z. B. in der Pubertät, in Lebenskrisen oder bei übermässigem Stress.
Obwohl unsere Haut eine hohe Regenerationsfreudigkeit zeigt, der Regenerationsprozess dauert in der Regel nur 28 Tage bis zur Gesamterneuerung, ist sie enorm angreifbar. Die Ursachen dafür können neben Faktoren aus der Umwelt, Lebensweise und die vielen Korrelationen zu den inneren Organen und eine starke seelische Betroffenheit sein. Durch ihre vielen Nervenendigungen ist sie mit einer hohen Sensibilität ausgestattet, allein schon durch die bis zu 200 Tastkörperchen pro Quadratzentimeter. Diese bieten aber auch die positive Behandlungsmöglichkeit der beruhigenden Berührung bei einer kosmetischen Behandlung.
Häufig wird heute die Kosmetikerin mit ernsten Hauterkrankungen konfrontiert und muss schnell entscheiden, wie sie behandeln kann und ob sie überhaupt behandeln darf. Deshalb sollen hier einige wenige Hinweise auf Hauterkrankungen gegeben werden – und darauf, was dahinterstecken kann.
Dermatosen (Hautkrankheiten) können in zwei Gruppen eingeteilt werden: in dermatologische Aspekte – das heisst der pathologische Verlauf mit Ursachen aus der Genetik, der Ernährung, der Lebensführung – sowie in psychosomatische Aspekte – das heisst die Antwort auf innere Zustände, wie organische Funktionsstörungen und/oder seelische Ursachen. Oft aber bedingt auch ein Aspekt den anderen. Stress, Ängste, Einsamkeit und Traurigkeit, auch Depressionen, unterdrückte Wut und Aggressionen gegen sich selbst und gegen andere kann die Haut aufzeigen. Wir sollten diese Aussagen ernst nehmen, weil ein Echoprinzip am Werk ist: Seelische Probleme können Hautleiden verursachen, aber Hautprobleme können auch psychische Belastungen verursachen. Bei alledem müssen unbedingt auch die Ausscheidungsprobleme eines Menschen beachtet werden, und zwar sowohl seine Darm- als auch seine Nieren-Blasenfunktionen. Denn wenn es in diesen Bereichen Probleme gibt, zeigt sich auch das in der Haut. Sie ist ebenso ein Ausscheidungsorgan. Und dann sollte darüber nachgedacht werden, was dieser Mensch seelisch und körperlich nicht loslassen kann.
Achtsam behandeln
Der älteste und primäre Sinn des Menschen ist der Tastsinn. Daher ist das Bedürfnis nach Berührung sehr gross. Viele Menschen kranken heute an «Berührungsmangel», die sich in Hautzeichen des Nähe/Distanz-Konfliktes offenbaren. Auch die persönliche Hautpflege und wie der Mensch sich selbst berührt, zeigen, wie er zu sich steht und wie er mit sich umgeht.
Die Haut ist u. a. auch ein Faktor unseres Immunsystems. Schon deshalb sind die richtige Behandlung und Heimpflege ausserordentlich wichtig. Nur gesunde Haut kann eine Hilfe, ein Schutz gegen Stressoren aus der Umwelt sein. Vielleicht hilft die richtige Zuwendung zu unserer Haut auch gegen einige allergie-auslösende Faktoren.
Einige Hautzeichen, die bei einer Kosmetik-Behandlung nützlich sein können, sollen dem besseren Verständnis dienen.
Was die Zeichen verraten
Die Kosmetikerin darf zwar nicht diagnostizieren, kann aber dem Kunden etwas Wichtiges geben: liebevolle Zuwendung. Mit der Zeit und mit regelmässiger, achtsamer Behandlung kann so, bei Beachtung der anfänglichen Hautzeichen, manche Haut wieder gesunden. Und gesunde Haut ist schöne Haut. Der Mensch fühlt sich dann wohl in seiner Haut und entwickelt ein neues Selbstbewusstsein und ein positives Lebensgefühl.
Krankheitsbilder
Akne vulgaris
Rein äusserlich ist die Basis meist eine grossporige, seborrhoische Struktur, manchmal ist auch zarte Haut betroffen. Akne vulgaris entsteht in instabilen Lebensphasen – aufgrund hormoneller Ursachen, Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen oder Umweltbelastungen. Psychisch steht Akne im Gesicht in Zusammenhang mit Individualität und innerer Harmonie sowie auch mit Selbstakzeptanz.
Ekzem (griech. aufkochen, aufbrausen)
Das Ekzem ist eine vielgestaltige, schubweise auftretende, stark juckende Entzündung der Oberhaut und des Papillarkörpers ohne Narbenbildung, die Krankheit tritt in flächigen, roten Arealen auf. Psychisch zeigt sich hier der Hilferuf nach Liebe, Zuneigung und Beachtung. Es kann sich umgekehrt aber auch um einen Ausdruck von Selbstablehnung und angestauter Wut durch erlebte Ablehnung und Liebesmangel handeln.
Neurodermitis
Diese Erkrankung wird oft als atopische Dermatitis (aussergewöhnliche Hautentzündung) oder als endogenes Ekzem bezeichnet. Sie kann erblich bedingt sein – eine stark juckende, quälende Hauterkrankung, die schon früh im Kindesalter auftritt und meist chronisch wird. Der seelische Aspekt: Einerseits zeigt die Haut eine starke innere Verletzlichkeit und das Bedürfnis nach Berührung. Andererseits erfährt der betroffene Mensch durch diese Hautzeichen oft extreme Ablehnung – ein Teufelskreis!
Psoriasis (Schuppenflechte)
Sie entsteht rein körperlich durch eine Überproduktion von Hautzellen, die nicht abgestossen werden, es kommt in der Folge zu einer Anhäufung von abgestorbenen Hautzellen, zu einer schuppigen Verdickung der Haut. Oft ist ein frühkindliches Trauma die Ursache, die das unerfüllte Liebesbedürfnis aus der Kinderzeit zeigt. Daraus entsteht eine gewisse Ambivalenz: die Schuppenflechte als Schutzpanzer aus Angst vor allzu viel Nähe und gleichzeitig das Bedürfnis nach Berührung.
Rosacea oder Couperose (Hautfinnen)
Rosacea entsteht durch Erweiterung der oft kleinsten Gefässe durch zu starken Blutandrang, daraus ergeben sich eine Oberflächenverletzung und eine starke Erweiterung der kleinen, arteriellen Gefässe sowie eine Vergrösserung der Talgdrüsen mit erhöhter Aktivität; oft mit entzündlichen Stellen im Gesicht. Ursachen können Alkohol- und Nikotinmissbrauch sowie Ernährungsfehler sein. Psychisch kommen so unterdrückte Wut und Frustration an die Oberfläche, der Kummer darüber, von niemandem beachtet, gehört und anerkannt zu werden; es geht auch um Selbstakzeptanz.
Urticaria (Nesselsucht)
Nesselsucht tritt an verschiedenen Hautstellen am Körper auf, die roten Flecken sind etwas erhaben und jucken stark; sie können aufgrund von Medikamenten entstehen oder auch durch andere allergische Ursachen; schlimmstenfalls steckt sogar eine Lebensmittelvergiftung dahinter. Auch hierbei geht es psychisch wieder um die Angst vor Ablehnung, die zur selbst gewählten Isolation führen kann.
Vitiligo (Weissfleckenkrankheit)
Dabei handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung der Haut, eine Pigmentstörung, bei der überall am Körper und im Gesicht weisse Flecken entstehen. Betroffene sind sehr lichtempfindlich und leiden oft unter Vitamin D-Mangel; der Krankheitsverlauf ist chronisch und es gibt noch wenig medizinische Hilfe. Psychisch sagt Vitiligo aus, dass der betroffene Mensch sich ausgegrenzt fühlt und am liebsten unsichtbar wäre. Hier geht es darum, dass er Selbstwertgefühl entwickelt, um sich «in seiner Haut wieder wohlzufühlen».
Autorin
Henny Ladwig schreibt seit über 20 Jahren für Fachjournale im Bereich Kosmetik und Wellness. Sie unterrichtete Sport an einem Gymnasium, Elektrotherapie an einer Physiotherapie- Fachschule und betrieb lange eine eigene Schönheitsfarm sowie eine Praxis für Physiotherapie.
henny-ladwig@t-online.de
Text: Henny Ladwig
Fotos: stock.adobe.com (2), Henny Ladwig (1)