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Hautstress effektiv lindern

Viele Menschen leiden unter Psoriasis oder Neurodermitis. Die Hautexpertinnen Dr. med. Christine Schrammek-Drusio und Christina Drusio erklären, wo die Unterschiede liegen und wie Sie als Kosmetikerin unterstützend tätig werden können.

Veröffentlicht am 28.07.2021

Nicht nur Dermatologen sehen die Krankheitsbilder Schuppenflechte (Psoriasis) und Neurodermitis (atopische Dermatitis) häufig in der Praxis. Auch die Kosmetikerin wird mit diesen Hautkrankheiten konfrontiert und benötigt daher umfassendes Wissen.

Grundsätzlich gehören solche Krankheitsbilder zwar in die Hände des Dermatologen, können aber von der Kosmetikerin unterstützend und sogar präventiv begleitet werden. Wichtig ist Fachkenntnis, der sichere Umgang mit der erkrankten Haut und die Entscheidung, wann diese nicht von der Kosmetikerin behandelt werden darf.

 

Autoimmunerkrankung

Wie werden Schuppenflechte und Neurodermitis unterschieden? Bei beiden Erkrankungen der Haut wird immer wieder der Begriff Autoimmunerkrankung verwendet. Zur Aufklärung: Schuppenflechte, die auf einer genetischen Veranlagung basiert, ist eine echte Autoimmunerkrankung, deren Grundlage ein überschiessendes Abwehrund Reparaturprogramm der Haut ist. Bei der Abwehr kommt es zu Entzündungen mit geröteter Haut, in der Reparatur zur vermehrten Bildung von Hornschicht.

Neurodermitis ist keine klassische Autoimmunerkrankung, ist jedoch auch mit einer erblichen Anlage verbunden. Die wichtigsten Ursachen sind die gestörte Barrierefunktion der Haut mit Feuchtigkeitsverlust und die genetisch bedingte Neigung des Immunsystems, überschiessend auf normale Reize aus der Umwelt, wie z. B. Pollen, Nahrungsmittel oder Tierhaare, zu reagieren.

Beide Erkrankungen sind entzündliche, vererbbare Hauterkrankungen, die mit Juckreiz einhergehen und typischerweise in Schüben verlaufen. Schübe bedeutet, dass sich (relativ) beschwerdefreie Zeiten mit Phasen stark ausgeprägten Hautveränderungen abwechseln. Häufig leiden Betroffene unter ihrem Hautbild und dem starken Juckreiz.

Es gibt einige Unterscheidungsmerkmale, um diese beiden Hauterkrankungen auseinanderhalten zu können.

Das Symmetrische Verteilungsmuster am Körper: Während die Neurodermitis eher die Beugeseiten betrifft, d. h. vor allem Ellenbeugen und Kniekehlen, aber auch Gesicht und Hals Symptome aufweisen können, findet man Hautveränderungen der Schuppenflechte eher an den Streckseiten, also an Ellenbogen und den Knien. Bei der Psoriasis ist es auch möglich, dass die Kopfhaut stark mit betroffen ist sowie die Achselhöhlen, der Bauchnabel, das Genital und die Leisten. Das Gesicht bleibt meist erscheinungsfrei. Auch sind charakteristische Veränderungen der Nägel möglich. Die jeweiligen Hautveränderungen sind optisch voneinander zu unterscheiden. Bei der Neurodermitis zeigt sich die betroffene Haut mit einer unterschiedlich stark ausgeprägten Rötung. Sie kann im akuten Stadium nässend und wund sein oder Bläschen bilden und nach länger bestehender Entzündung auch lederartig verdickt sein. Generell ist die Haut von Neurodermitikern trocken. Im Gegensatz dazu zeigt sich die Schuppenflechte meist mit Erhabenheiten an der Haut in Form von grober, silbriger, fester Schuppung auf geröteter Haut. Diese Erhabenheiten, auch Plaques genannt, sind scharf begrenzt.

 

Auslöser für Schübe

Neurodermitis zeigt sich erstmals zu 80 Prozent innerhalb der ersten zwei Lebensjahre. Sie wird dem Formenkreis der Atopie zugeordnet, zu dem auch Heuschnupfen und allergisches Asthma zählen. Neurodermitiker neigen im Allgemeinen häufig zu Allergien. Auslöser eines Neurodermitisschubs kann Stress sein, aber auch langer Kontakt mit heissem Wasser, trockene Luft, Schweiss, bestimmte Nahrungsmittel und Kontakt mit Allergenen.

Psoriasis tritt zu 70 Prozent erst ab dem dritten Lebensjahrzehnt auf. Die Auslöser können äussere mechanische Reize der Haut, bestimmte Medikamente (z. B. Blutdrucksenker und Schmerzmittel), Nikotin, Alkohol, Übergewicht, Stress und bakterielle sowie virale Infekte sein. Sonnenlicht und Wärme haben hingegen positiven Einfluss. Das ist auch der Grund, warum sich das Krankheitsbild häufig in den Sommermonaten bessert.

 

Komplexe Ursachen

Darüber hinaus wird die Schuppenflechte heutzutage nicht mehr als nur eine streng auf die Haut beschränkte Erkrankung angesehen, sondern vielmehr als Systemerkrankung. Patienten können auch von einer Entzündung der Gelenke (Psoriasis-Arthritis), insbesondere der kleinen Gelenke (Finger) aber auch der großen Gelenke (Knie, Hüfte) betroffen sein. Des Weiteren kann die Schuppenflechte mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depression einhergehen.

Auch wenn über die letzten Jahre stets neue Erkenntnisse zu beiden Erkrankungen gewonnen wurden, sind die Ursachen sehr komplex und eine Heilung bisher noch nicht möglich. Dank verschiedener medizinischer Therapien und begleitender kosmetischer Behandlung können die Krankheitsschübe allerdings vermindert und das Erscheinungsbild der Haut sowie die Beschwerden deutlich gebessert werden.

Für akute Zustände der Neurodermitis mit ausgeprägten Entzündungen an der Haut (Ekzemen) helfen Kortisoncremes oder -salben mit anschliessender langsamer Reduktion der Anwendungshäufigkeit. Im Anschluss können sogenannte Kortisonersatzpräparate (Calcineurinhemmer) den verbesserten Hautzustand erhalten. Kortison sollte immer nur kurzfristig angewendet werden, um einen Gewöhnungseffekt der Haut sowie das Auftreten von Nebenwirkungen zu vermeiden. Calcineurinhemmer sind eine gute Alternative, da sie ähnlich entzündungshemmend wirken wie Kortison. Zudem kann man sie auch für eine längerfristige Anwendung benutzen. In schweren Fällen, wenn äusserlich angewandte Präparate nicht mehr ausreichen, kann eine zeitlich begrenzte Lichttherapie beim Hautarzt erfolgen oder eine innerliche Tablettentherapie mit Kortison. Unterstützend können auch Anti-Allergie-Tabletten (Antihistaminika) eingenommen werden. Sofern möglich, sollten bekannte Allergene sowie bekannte Triggerfaktoren gemieden werden.

Auch Schuppenflechte wird mitunter mit lokal angewendeten Kortisoncremes behandelt. Daneben jedoch auch mit Cremes, die Vitamin-D-Derivate beinhalten. Sie wirken ebenfalls anti-entzündlich und fördern die Ausbildung normaler (nicht mehr übermässig verhornter) Haut. Im Normalfall erneuert sich die oberste Hautschicht, die Epidermis, innerhalb von 26 bis 28 Tagen. In dieser Zeit werden neue Zellen gebildet und die gealterten, verhornten Keratinozyten nahezu unsichtbar abgestossen.

 

Einsatz Lichttherapie

Bei der Schuppenflechte erfolgt die Verhornung an den befallenen Stellen stark beschleunigt innerhalb von drei bis sieben Tagen, was dann als die typische silberweisse Schuppung in Erscheinung tritt. Neben der äusserlichen Behandlung kann auch hier die Lichttherapie eingesetzt werden, da sie ebenfalls anti-entzündlich wirkt und eine hemmende Wirkung auf die Zellteilungsrate der Epidermis hat.

Wie bei der Neurodermitis können schwere Erkrankungsausprägungen mit innerlichen Medikamenten behandelt werden. Sie beeinflussen durch unterschiedliche Ansätze das Immunsystem und verringern Entzündungsprozesse an der Haut.

Ergänzend zu den medizinischen Therapien können entsprechende kosmetische Begleitmassnahmen für die erkrankte Haut, besonders in schubfreien Phasen, von grosser Bedeutung sein. Speziell zugeschnittene kosmetische Behandlungsmethoden und dermatologisch entwickelte Produkte können den Betroffenen vor allem in Bezug auf die Symptome wie Juckreiz und Spannungsgefühl helfen, insofern man einige Besonderheiten beachtet: Die Basispflege der Haut bei Psoriasis und Neurodermitis sollte regelmässig mit feuchtigkeitsspendenden und rückfettenden Cremes erfolgen, die zudem die Hautbarriere stärken. Es gilt, mehrmals am Tag die Haut dünn einzucremen – insbesondere nach jedem Wasserkontakt.

 

Naturöle und Vitamin E

Für alle Pflegeprodukte gilt, dass die Grundlagen unbedingt reizarm formuliert sein sollten (z. B. ohne Farb- und Duftstoffe, milde Konservierung in geringen Dosen, kein Mineralöl oder PEG-haltige Emulgatoren). Präparate aus den Serien für «sensible Haut» sind häufig am besten geeignet und die Kosmetikerin kann zudem die besondere Zusammensetzung der Inhaltsstoffkombinationen sowie ihre Wirkung erklären.

Gute Wirkung zeigen Cremes mit wertvollen Naturölen und Vitamin E. Öle mit hohen Anteilen an ungesättigten Fettsäuren, wie z. B. GLA (Gamma-Linolensäure) sind in der Lage, die Kittsubstanz des Stratum Corneums positiv zu beeinflussen und die Barrierefunktion der Haut zu stärken. Die empfindliche Epidermis wird dadurch weniger durchlässig für Reizstoffe, die die Haut zusätzlich entzünden können. Das wertvolle Öl der Nachtkerze eignet sich z. B. sehr gut zur Behandlung von juckender Haut und Ekzemen. Es stabilisiert die Hautbarriere und seine essenziellen Fettsäuren können in die Lipidstrukturen der Haut integriert werden und dort den Zusammenhalt des Stratum Corneums unterstützen. Ein weiteres Öl, das prädestiniert ist, die Haut von Psoriasis- und Neurodermitis-Patienten zu pflegen, ist das Echiumöl. Es hat einen besonders hohen Gehalt an essenziellen Fettsäuren, vor allem der Stearidonsäure. Sie hilft vor allem ekzematischer Haut und ist zu über zwölf Prozent im Echiumöl enthalten, was ein Vielfaches der Gehalte herkömmlicher botanischer Omega 3-Pflanzenöle ist. Als Vorstufe der Eicosapentaensäure und des Prostaglandins PGE 3 besitzt Stearidonsäure exzellente entzündungshemmende Eigenschaften. Auch im Echiumöl ist Gamma-Linolensäure enthalten. Solche dermatologisch geschätzten wirksamen Öle verbessern die Barrierefähigkeit der Haut und verringern den transepidermalen Wasserverlust (TEWL).

Nicht nur Öle haben mildernde Wirkung auf die gestresste Haut. Ein wichtiger Zusatz aller präventiven Kosmetikpräparate sind feuchtigkeitsspendende Aktivstoffe. Harnstoff hat sich gut bewährt, da er vielseitig wirkt. Er hält die Feuchtigkeit in der Haut, macht sie geschmeidiger und lindert sogar bei einigen Patienten den Juckreiz. Vorsicht ist nur bei akuten Ekzemen und Verletzungen bzw. Rissen der Haut geboten: Hier kann Harnstoff ein brennendes Hautgefühl verursachen.

Besonderheit Psoriasis: Die Behandlung der Schuppenflechte kann durch Abschuppung der Haut kosmetisch sehr wirksam unterstützt werden. Bei Psoriasis ist die Kontrolle der Symptome, vor allem der Entzündungen, des Juckreizes und der Schuppung (Verhornungsstörung) besonders wichtig. Damit eine Lokaltherapie an der Haut aber richtig wirken kann, ist zunächst eine Abschuppung (Keratolyse) der betroffenen Haut notwendig. Dies geschieht z. B. mit salizylsäurehaltigen Cremes, Harnstoffsalben oder Bädern (Öl oder Sole). Ein weiterer Vorteil ist, dass Salizylsäure nicht nur keratolytisch, sondern auch leicht entzündungshemmend wirkt.

 

Balsam für Haut und Seele

Zuletzt kann die Kosmetikerin allgemein als beratende Stütze fungieren. Denn keiner kennt sich besser aus mit dem Einfluss der Psyche auf die Haut. Das psychische Wohlbefinden der Betroffenen leidet aufgrund der starken Hautveränderungen. Stress und seelisches Unwohlsein können sich wiederum negativ auf das Hautbild auswirken. Eine kosmetische Behandlung stellt nicht nur Balsam für die Haut dar, sie kann auch Balsam für die Seele sein. Die Kosmetikerin kann zudem ihren Kunden Empfehlungen aussprechen, welche Entspannungstechniken hilfreich sind, um zu mehr Ausgeglichenheit und innerem Wohlbefinden zu gelangen. Einige Kosmetikinstitute gehen diesen ganzheitlichen Weg bereits und bieten entsprechende Programme wie Autogenes Training oder Yoga sogar direkt vor Ort an.

Ohne Duftstoffe

Bei beiden Erkrankungen hat häufiges Duschen oder Baden einen negativen Effekt. Falsche Reinigung der Haut kann u. a. Auslöser akuter Schübe der Neurodermitis sein. Die Kosmetikerin als Hautpflegeexpertin steht den Betroffenen hier beratend zur Seite und kann wertvolle Tipps mitgeben. Es empfiehlt sich beispielsweise die Verwendung von rückfettenden, seifenfreien Waschzusätzen oder Ölbädern anstelle von stark schäumender, tensidreicher und austrocknender Duschgele. Zu beachten ist auch, dass Zusätze wie Parfümstoffe – auch wenn das Duschbad dann noch so gut duftet – schädlich für die erkrankte Haut sein können.

Pflanzliche Alternative zu Kortison

In der Pharmazie wird die Ballonrebe als entzündungs- und juckreizhemmendes pflanzliches Pendant zu Kortison bei der Pflege von entzündlicher, ekzematischer Haut, Neurodermitis und Psoriasis angewendet. Auch in kosmetischen Mitteln macht man sich ihre anti-entzündliche, reizmindernde Wirkung mit grossem Erfolg zunutze.

 

 

 

 

Autorinnen

Dr. med. Christine Schrammek und Christina Drusio, Geschäftsführung der Dr. med. Christine Schrammek Kosmetik GmbH mit Sitz in Essen. Beide sind Haut-Expertinnen und geschätzte Referentinnen bei internationalen Vorträgen und Seminaren.

infoservice@schrammek.de 

 

 

 

Text: Dr. med. Christine Schrammek und Christina Drusio

Fotos: stock.adobe.com (3), Dr. med. Christine Schrammek (1), Christina Drusio (1)

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